Frauen in der Leiterschaft oder im Lehrdienst? Ist das biblisch? – Mario Wahnschaffe

Mario Wahnschaffe

7. Februar 2024
39 Minuten

Berufung von Frauen im kultur- kontextuellen Kontext
Leitungsdienste der Frau im Wort Gottes
Wie sich der Apostel Paulus im Gemeindebau an die jeweiligen unterschiedlichen Kulturen, mit denen er zutun hatte, anpasste, lässt sich an seinem Umgang mit Frauen als Mitarbeiterinnen und Leiterinnen erkennen. Paulus ist in Bezug auf Frauen eher bekannt geworden, als der, der den Frauen in der Gemeinde die Rede und die Leitung verboten hat. Doch wird diese Sichtweise Paulus nicht ganz gerecht, denn sein Horizont war viel weiter. In Gesellschaftsformen der griechischen Welt und römisch gepräg- ten Kulturen, wo die Frau mehr Freiheit hatte als in der patriachialisch-jüdischen Kultur und wo Paulus herkam, arbeitete er mit Frauen in leitenden und lehrenden Diensten zusammen. Paulus erwies sich hierbei als ein strategisch denkender, kultur- kontexueller Evangelist, der das Evangelium unverfälscht ließ, aber seine Arbeitsweise und seine Mitarbeiter und eben auch Frauen so in die Mitarbeit miteinbezog und ihnen Verantwortung übertrug, wie es ihm die damalige Kultur erlaubte. Wenn sich uns dieser scheinbare Widerspruch in seiner Haltung gegenüber Frauen erschließt, werden wir nicht nur die Dringlichkeit erkennen, dass auch Frauen in der Gemeinde leitend mitarbeiten sollten, sondern uns auch selbst fragen, ob Frauen im Rahmen unserer örtlichen Gemeindearbeit genug gefordert und gefördert werden.
In der Bibel herrscht bekanntlich ein großes Spannungsfeld zu dieser Frage, die in den letzten Jahren rein theologisch nicht gelöst werden konnte. Die verschiedenen Bibelstellen scheinen im Widerspruch zueinander zu stehen.

Auf der einen Seite haben wir Bibelstellen, die der Frau verbieten, einen Leitungs- oder Lehrdienst in der Gemeinde zu übernehmen:
„Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht zu lehren, auch nicht über den Mann zu herrschen.“
1. Timotheusbrief 2:11-12
„Die Frauen sollen in den Gemeinden schweigen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen…“
1. Korintherbrief 14:34

Auf der anderen Seite, schätzte Paulus die Frauen als wertvolle Mitarbeiterinnen in verschiedensten Diensten:
Dienst der Diakonie und Leitung
Phöbe, die Diakonin, war Paulus ein „Beistand“ (griechisch: προστατισ, prostatis), was im Griechischen eigentlich „Vorsteh- erin“7 bedeutet, und hatte einen Dienst der Hilfeleistung.

Zur Übersetzung des Wortes προστατισ (prostatis): Das Wort wird von der Elberfelder Bibelübersetzung (1985) mit „Beistand“ und von Werner de Boor (1983) mit „Vertreter“ oder „Beschirmer“ übersetzt. Dies ist aber nur ein Ausschnitt des Horizonts der Bedeutungen dieses Wortes.Beim grie- chischen Lexikon Gemoll (1991) sind wir auf jeden Fall immer von theologischen Deutungsversuchen bewahrt. Dort stehen folgende Bedeu- tungen:„Vorsteher, Vordermann, an einem Altar Stehender, Schirmer, Verteidiger, Fürsorger, Vorstand, Leiter, Rechtsbeistand.“ Alle oben beschriebenen Geschäfte und Aufgaben geben idealer Weise den Alltag eines Pastors wieder, der in dienender Leiterschaft für seine Geschwister arbeitet. Was die etymologische Ableitung und wortwörtliche Übersetzung des Partizips „prostatis“ angeht so haben wir eine Zusammensetzung aus den Worten „pro“ (vor, für) und „histaemi“ (stehen). Warum die Übersetzung „Vorsteher“ dem Wort fremd sein soll, ist nicht einsichtig. Nach 2000 Jahren Bibelübersetzung des Neuen Testaments befinden wir uns immer noch in einer theologisch gefärbten Debatte, ob eine Frau im Leitungsdienst stehen darf oder nicht, die bis heute biblische Übersetzungen beeinflusst – wie die von mir geschätzte Elberfelder Übersetzung und sogar die Apparate des wissenschaftlichen Nestle Aaland.

„Ich empfehle euch aber unsere Schwester Phöbe, die eine Dienerin (διακονον) der Gemeinde in Kenchreä ist, damit ihr sie im Herrn aufnehmt, der Heiligen würdig, und ihr beisteht, worin immer sie euch braucht; denn auch sie ist vielen ein Beistand (προστατισ) gewesen, auch mir selbst.“
Römerbrief 16:1-2 Wir sehen auch dienende Frauen in der Nachfolge Jesu.
„Und es geschah danach, dass er nacheinander Städte und Dörfer durchzog, indem er predigte und die gute Botschaft vom Reich Gottes verkündigte; und die Zwölf mit ihm, und einige Frauen, die von bösen Geistern und Krankheiten geheilt worden waren: Maria, genannt Magdalena, von der sieben Dämonen ausgefahren waren, und Johanna, die Frau des Chuza, des Verwalters Herodes’, und Susanna und viele andere, die ihnen mit ihrer Habe dienten.“
Lukasevangelium 8:1-3 Euodia und Syntyche, die als Evangelistinnen erwähnt werden.
„Die Euodia ermahne ich, und die Syntyche ermahne ich, dieselbe Gesinnung zu haben im Herrn! Ja, ich bitte auch dich, mein rechter Gefährte, stehe ihnen bei, die in dem Evangelium zusammen mit mir gekämpft haben, auch mit Klemens und meinen übrigen Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens sind.“
Philipperbrief 4:2-3
Wie auch Maria Magdalena und andere Frauen, die die allerersten Evangelistinnen sind.
„Es waren aber die Maria Magdalena und Johanna und Maria, des Jakobus’ Mutter, und die Übrigen mit ihnen. Sie sagten dies zu den Aposteln. Und diese Reden schienen ihnen wie Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht.“
Lukasevangelium 24:10-11

Evangelistinnen

Apostelin
Junia, die Apostelin war.
„Grüßt Andronikus und Junias (griechisch: „ιουνιαν“ ‚iounian’), meine Verwandten und meine Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind, die schon vor mir in Christus waren!“
Römerbrief 16:7

War Junia/s im Römerbrief 16:7 eine Frau oder ein Mann?
1. Gerade bei dem Ringen um die Frage: „War Junia/s eine Frau oder ein Mann?“ wird deutlich, wie sehr sogar wissenschaftliche Etymologie der jeweiligen kulturell geprägten Theologie unterliegt.
Der griechische Grundtext von Nestle Aaland in seiner Ausgabe von 1975 gibt im Haupttext die männliche Akkusativform ιουνιᾶν (iounian) mit Zirkumflex-Akzent ∼ über dem ᾶ an. In seiner neusten 28. Ausgabe (2012) ist er dazu übergegangen die weibliche Akkusativform mit Akut-Akzent á (Ἰουνίαν) anzugeben. Warum?
Die Schwierigkeit hierbei ist Folgende:
Zur Zeit der Niederschrift des Neuen Testamentes gab es überhaupt keine Akzente und die griechische Schrift wurde in Großbuchstaben in sogenannten Majuskeln geschrieben. Der Akkusativ iounian kann also ohne Zugabe des Akzents sowohl maskulin als auch feminin sein.
Die Akzente wurden erst im 9. Jahrhundert eingeführt und waren der damaligen theologischen Interpretation des Mittelalters unterworfen, in der man sich eine Frau als Apostelin schwerlich vorstellen konnte. Man entschied sich daher für den maskulinen Akzent als Zirkumflex.
2. Die frühe Gemeinde ging davon aus, dass es sich bei „iounian“ um einen weiblichen Namen handelt.
Zwei griechische Manuskripte deuten in ihrer anderen Übersetzungs- variante „Julia“ darauf hin, dass sie davon ausgingen, dass es sich um eine weibliche Person handelte (z.B. Hieronymus 342-419 n. Chr., Kirchenvater und Übersetzer, s. Hieronymi Divina Biblotheca, Epistola B. Pauli Apostoli ad Romanos, Migne, Patrologia Latina Volumen 029 Sammelwerk, Paris 1815-1875, S. 744).

„Grüßt Andronikus und Julia, meine Verwandten und meine Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind, die schon vor mir in Christus waren!“
(Fellows 2012, Papyrus P46 ~ 200 n.Chr. Minuskel Manuskript Nr. 6, 13. Jh. n. Chr.)
Bis zum 12. Jahrhundert n. Chr. nahm die überwiegende Mehrzahl der Kirchenväter an, dass es sich bei Junia/s um eine Frau handelte:
Chrysostomos (349-407 n. Chr.) schreibt in seiner Homilie über Römer 16: „Oh wie groß ist die Hingabe dieser Frau, dass sie würdig erachtet wurde, mit Apostel angeredet zu werden!“
(Joh. Chrys., In eps. Ad rom. homil. 31,2 (PG60,669f), zitiert nach Eisen 1996, S. 51.)
Der Erste, der Junia in seiner männlichen Form Junias zitiert, ist Aegidius von Rom, 1245-1316 n. Chr. (Moltmann-Wendel 1982, S. 148- 151).

3. Die männliche Variante des Namens Junias wird weder in der außerbiblischen lateinischen oder griechischen Literatur erwähnt. Dafür aber der weibliche Name Junia.
„Junia“ leitet sich von der römischen Gottheit Juno ab, die Muttergottheit der Jugend und Fruchtbarkeit.
Auch die Auseinandersetzung über die Übersetzung des Wortes „episaemoi“ im Römerbrief 16:7 als „ausgezeichnet unter den Aposteln“ oder „bekannt unter den Aposteln“ ist sehr umstritten und ähnelt sehr der theologisch-kulturell gefärbten Debatte um den Namen Junia oder Junias, die über Jahrhunderte geführt wurde.
Nach dem klassisch griechischen Lexikon (Gemoll 1991) heißt „episaemoi“ in erster Bedeutung: mit einem Zeichen versehen oder geprägt;
in zweiter Bedeutung: kenntlich, angesehen (im Sinne von berühmt oder berüchtigt)
Das Verb επισημοι (episaemoi) heißt: „bezeichnen, zum Vorschein kommen, mit einem Siegel versehen“.
Unter dem Hintergrund dieser Bedeutungsvielfalt erscheint die Übersetzung unter den Aposteln „hervorragend“ oder „mit einem Siegel versehen“ besser als nur „bekannt unter den Aposteln“.

Die These, Junia wäre die Frau des Andronikus gewesen, ist Spekulation.
Wir haben zum Begriff Apostel im Neuen Testament sicher eine differenzierte Verwendung:
a) Da sind die 12 Erzapostel, die Jesus selbst erwählt hatte, die er zu seinen Lebzeiten vor sich hersandte. Genauso sendet er einmal 70 Jünger aus.
Nach Apostelgeschichte 1:21-22 wurde ein Ersatzapostel für Judas gewählt, der folgende Kriterien erfüllen musste:
- Es musste ein Mann sein, der Jesus und die Apostel von der ersten Zeit der Taufe beim Täufer Johannes bis zu seiner Himmelfahrt
begleitet hatte.
- Er musste Zeuge der Auferstehung Jesu gewesen sein.
-> Matthias und Joseph erfüllten diese Kriterien und Matthias wurde dann durch die Losauswahl den 11 Aposteln hinzugezählt (s. Apostelgeschichte 1:26).
b) Von Paulus hören wir im Gegensatz zu Matthias viel mehr. Paulus erfüllte bekannter Weise die oben genannten Kriterien nicht, sondern:
Galaterbrief 1:1: Er war ein Apostel, nicht von Menschen, sondern durch Jesus Christus.
Galaterbrief 1:12: Er hatte das Evangelium nicht durch Menschen empfangen, sondern durch eine Offenbarung von Jesus Christus. Römerbrief 1:1,5: Durch Christus hatte er Gnade und Apostelamt für seinen Dienst unter den Nationen empfangen.
Apostelgeschichte 13:2-3: Paulus wurde von der Gemeinde in Antiochia unter der Leitung des Heiligen Geistes „ausgesandt“.
c) So gibt es auch eine dritte Kategorie der Apostel, nämlich die, die eine Dienstgabe Jesu an die jeweilige Ortsgemeinde sind:
Epheserbrief 4:11: Gegeben durch Jesus Christus
Epheserbrief 4:12: Zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes zur Erbauung des Leibes Christi
1. Korintherbrief 12:28: Gott hat in der Gemeinde eingesetzt, erstens Apostel usw.

Apostel sind Gesandte und Eingesetzte von Gott, aber auch durch die Gemeinde:
Apostelgeschichte 13:2-4: Die Sendung des Barnabas und Saulus durch die Gemeinde in Antiochia
2. Korintherbrief 8:23: Gesandte der Gemeinde
Philipperbrief 2:25: Epaphroditus war ein Gesandter der Gemeinde in Philippi.
1. Thessanochierbrief 1:1; 2:7: Paulus, Silvanus und Timotheus sind Gesandte.
Zu beachten ist, dass im griechischen Grundtext für das Wort Gesandter immer das Wort Apostel steht.
Eine Apostelin zu Rom ist im Kontext der erwähnten Mitarbeiterinnen des Paulus in Römerbrief 16 denkbar:
– Phöbe, Diakonin und Vorsteherin in Kenchrea: Man nimmt an, dass Phöbe auch die Gesandte der Gemeinde war und den Brief des Paulus an die Gemeinde in Rom überbrachte (s. Römerbrief 16:1-2)
- Priska, die an der Seite ihres Mannes Aquillas eine Gemeinde in ihrem Haus leitete und den Evangelisten Apollos den Weg Gottes näher auslegte (s. Apostelgeschichte 18:26)
– Maria, Tryphäna, Tryphosa und Persis, die unermüdlich für den Herrn gearbeitet haben (s. Römerbrief 16:12)
Dienst der Lehre
Priska legte Apollos die Lehre Jesu näher aus.
„Und dieser fing an, freimütig in der Synagoge zu reden. Als aber Priscilla und Aquila ihn hörten, nahmen sie ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes genauer aus.“
Apostelgeschichte 18:26 Nympha und Cloe hatten eine Gemeinde in ihrem Haus.
„Grüßt die Brüder in Laodizea und Nympha und die Gemeinde in ihrem Haus!“
Kolosserbrief 4:15
Dienst der Leitung

„Denn es ist mir durch die Hausgenossen der Chloë über euch bekannt geworden, meine Brüder, dass Streitigkeiten unter euch sind.“
Prophetischer Dienst
Hanna war eine Prophetin im Tempel.
„Und es war eine Prophetin Hanna, eine Tochter Phanuëls, aus dem Stamm Asser. Diese war in ihren Tagen weit vorgerückt…“
Lukasevangelium 2:36
Die Töchter des Philippus, die prophezeiten.
„Dieser aber hatte vier Töchter, Jungfrauen, die weissagten.“
Apostelgeschichte 21:9
Dies war in Einklang mit der Prophetie:
„Und eure Söhne und Töchter werden prophetisch reden. Und selbst über die Knechte und Mägde werde ich in jenen Tagen meinen Geist ausgießen.“
Joel 3:1-3
Auch im Alten Testament gebraucht Gott Frauen im geistlichen Leitungsdienst:
• Debora war eine Prophetin und Richterin in Israel (s. Richter 4 und 5).
• Hulda war eine Prophetin (s. 2. Könige 22:14).
1. Korintherbrief 1:11

6.2 Unterordnung der Frau im Licht der Erlösung
Paulus begründet das Redeverbot mit der Forderung des Gesetzes:
„Wie es in allen Gemeinden der Heiligen ist, sollen die Frauen in den Gemeinden schweigen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.“
1. Korintherbrief 14:34
Paulus bringt auch das Lehrverbot mit dem Sündenfall vor der Zeit des Gesetzes in Verbindung:
„Ich erlaube aber einer Frau nicht zu lehren, auch nicht über den Mann zu herrschen, sondern ich will, dass sie sich in der Stille halte, denn Adam wurde zuerst gebildet, dann Eva; und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung.“
1. Timotheusbrief 2:12-14
Was in beiden Stellen auffällt, ist, dass Paulus das Redeverbot und Lehrverbot der Frauen mit dem Sündenfall und dem Gesetz in Verbindung bringt.
Im 1. Korintherbrief 14:34 begründet er das Redeverbot der Frau mit der Unterordnung der Frau unter die Herrschaft des Mannes, „so wie es das Gesetz fordert“.
„Nach deinem Mann wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen!“
1. Mose 3:16
Die Forderung der Unterordnung der Frau unter die Herrschaft des Mannes war also der Fluch Gottes über die Sünde Evas.
Am Anfang vor dem Sündenfall war es aber mit dem Verhältnis von Mann und Frau nicht so bestellt:
Da waren Mann und(!) Frau gemeinsam die Repräsentation des Ebenbildes Gottes.

„Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie.“
1. Mose 1:27
Mann und Frau waren beauftragt, als Team über die Schöpfung zu herrschen.
„Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!“
1. Mose 1:28
Durch die Erlösung in Jesus Christus stehen wir aber nicht mehr unter dem Fluch des Gesetzes.
„Also gibt es jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“
Römerbrief 8:1-2
„Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist – denn es steht geschrieben: ‚Verflucht ist jeder, der am Holz hängt’!”
Galaterbrief 3:13
Christus hat nicht nur den Fluch des Gesetzes getragen, er hat die Wiederherstellung des Planes Gottes für Mann und Frau in Partnerschaft vollbracht:
Die Frau ordnet sich dem Mann unter, der sich Christus gemäß, widerum seiner Frau hingibt.
Die Identifikation mit der Liebe und Hingabe Christi ist Fundament für diese Gemeinschaft von Mann und Frau.

„Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi, die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn! Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als der Retter des Leibes. Wie aber die Gemeinde sich dem Christus unterordnet, so auch die Frauen den Männern in allem. Ihr Männer, liebt eure Frauen!, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. So sind auch die Männer schuldig, ihre Frauen zu lieben wie ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes. ‚Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.’ Dieses Geheimnis ist groß, ich aber deute es auf Christus und die Gemeinde. Jedenfalls auch ihr – jeder von euch liebe seine Frau so wie sich selbst; die Frau aber, dass sie Ehrfurcht vor dem Mann habe.“
Epheserbrief 5:21-33
Im Licht der Erlösung Christi macht Gott in der Wertigkeit und Wichtigkeit keinen Unterschied mehr zwischen Mann und Frau.
„Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft worden seid, ihr habt Christus angezogen.“
Galaterbrief 3:27

6.3 Frauen im natürlichen Dienst der Leiterschaft
Einerseits zeigt das Neue Testament das Spannungsfeld zwisch- en dem neuen Leben im Geist, die göttliche Wiederher-stellung von Mann und Frau als Partner im Reich Gottes – die Briefe des Paulus sind voll von Mitarbeiterinnen, die im leitenden Dienst waren – und andererseits die Knechtschaft der Frau, auf Grund der kulturellen, religiösen und antiken Welt.

Die offensichtlichen Widersprüchlichkeiten zwischen den Anwei- sungen des Paulus und seinem Handeln, lassen sich kulturell ansatzweise erklären. Ein wichtiges Beispiel dafür ist das generel- le Redeverbot im Gottesdienst, das Paulus ausspricht in 1. Korintherbrief 14:34 ausspricht, obwohl er nur drei Kapitel vorher den Frauen gestattet, im Gottesdienst öffentlich zu beten und zu prophezeien (s. 1. Korintherbrief 11:5)!
Paulus lebte die Freiheit des Geistes für die Frau in der Praxis, doch wollte er, um des Evangeliums Willen, kulturelle Codizes berücksichtigen.
Wie könnte man sonst anders erklären, dass Paulus, der Mann, der die Beschneidung aus der internationalen Gemeinde kompro- misslos herausgenommen hat, seinen engsten Mitarbeiter, Timo- theus um der Juden Willen beschneiden lässt?
„Paulus wollte, dass dieser mit ihm ausziehe, und er nahm und beschnitt ihn um der Juden willen, die in jenen Orten waren; denn sie kannten alle seinen Vater, dass er ein Grieche war.“
Apostelgeschichte 16:3
Diese Spannung ist unauflösbar und doch für uns als Ältesten- schaft einer internationalen Gemeinde erklärbar. Auf der einen Seite lebte Paulus in der Frage der Zusammenarbeit mit Frauen im leitenden Dienst in der Freiheit des Geistes, wenn es von den gesellschaftlichen Umständen her möglich war.
Auf der anderen Seite wollte er eine Welt erreichen, deren Kultur stark patriarchalisch geprägt war, in der Frauen keine Rechte, keine Ausbildung und keine Erfahrung in Leitung hatten. Diese Kultur wollte Paulus unbedingt erreichen und passte sich im kulturellen Sinne den gegebenen Grenzen und Vorstellungen an.
Diese Vorgehensweise des Paulus ist für uns als internationale Gemeinde wegweisend. Die Bibel zeigt beides: Eine Gemeinde, in der die Frau schweigt, nicht lehren und leiten darf, und eine Gemeinde, in der Frauen als Leiterinnen, Apostel, Vorsteherinnen und Diakoninnen arbeiten.

Jede Gemeinde muss also für sich unter der Leitung des Heiligen Geistes entscheiden, in welcher kulturellen Begrenzung sie wandeln will oder unter welcher Freiheit des Geistes sie leben möchte.
Dass dieses eine kulturelle Frage ist, haben die völlig verschiedenen Reaktionen unserer internationalen Kleingruppen gezeigt. Es zeigte sich interessanter Weise, dass internationale Leiter, die aus einem erwecklichen Hintergrund nach Deutschland kamen, die starke Zurücksetzung der Frau im geistlich leitenden Dienst nicht kennen. Interessantes Beispiel: Die Mehrzahl der Pastoren der Untergrundkirchen in China sind Frauen!
Ich persönlich bin Gott dankbar, dass wir diesen Weg des Geistes und der Entscheidung der mündigen Gemeinde gegangen sind. Ein Beispiel dafür ist die schwierige Entscheidung in Apostel- geschichte 15, wo über die biblisch-kulturelle Frage gestritten wurde, ob sich gläubige Männer den Vorschriften der Thora noch zu unterwerfen hatten. Auch hier wurden der geistliche Weg und der Weg einer mündigen Gemeinde gewählt:
„Denn es hat dem Heiligen Geist und uns gut geschienen, keine größere Last auf euch zu legen als diese notwendigen Stücke: euch zu enthalten von Götzenopfern und von Blut und Ersticktem und von Unzucht. Wenn ihr euch davor bewahrt, so werdet ihr wohl tun. Lebt wohl!“
Apostelgeschichte 15:28
Dies war eine revolutionäre Entscheidung, denn damit wurde der Beschneidungszwang von den heidnischen Christen abgewälzt. Dennoch hielten die jüdischen Christen weiter daran fest und selbst Paulus, einer der größten Gegner der Heidenbeschneidung, entschloss sich aus evangelistisch-kulturellen Gründen dafür, Timotheus, seinen wichtigsten Mitarbeiter zu beschneiden (s. Apostelgeschichte 16:3). Dies war kurz nach dem Beschluss des Apostelkonzils.
Wir als Leiter einer internationalen Gemeinde, sind der Meinung, dass es bei dieser Frage der Beschneidung und bei der Entscheidung, ob Frauen Älteste sein dürfen oder nicht, nicht um Sünde oder um den Bruch der Worttreue geht. Für uns geht es hier um die Entscheidung: Wollen wir als Gemeinde in der Freiheit des Geistes leben oder nehmen wir Rücksicht auf die kulturellen Gegebenheiten in dem Kontext eines Landes?
Ich kann mir vorstellen, dass unsere Entscheidung, Frauen in Leiterschaft einzusetzen, anders ausgefallen wäre, wenn unser ICB in Saudi Arabien wäre und unsere Mitglieder hauptsächlich Araber wären.
Frauen waren und sind über Jahrhunderte von Gottes Geist in Ämter der Leitung hineingestellt worden, ohne jemals dafür von Menschen den Titel „Pastor“ oder „Älteste“ verliehen bekommen zu haben. Frauen lehren in der Mehrheit unser kostbarstes Gut, unsere Kinder, im Kindergottesdienst. Frauen leiten, lehren, salben, teilen das Abendmahl in unseren Kleingruppen aus. Frauen gehen in der Mehrheit als Missionarinnen an Orte, wo sich sonst niemand hintraut. Sie tun den Dienst eines Leiters, beanspruchen aber in Demut und Liebe zu unserem Herrn nicht den menschlichen Titel.
Es handelte sich in der Vergangenheit um politische und menschliche Kompromisse, wenn man beschloss, Frauen kön- nten leitende Diakone werden (in einer Kleingruppe oder in der Mission), ihnen aber das Amt eines Ältesten oder Pastoren trotzdem verwehrte, da 1. Timotheus 3:2 sagt:
„Ein Aufseher επισκοπον (episkopon) sei Mann einer Frau…“, denn auch nach 1. Timotheus 3:12 muss ein Diakon auch „Mann einer Frau“ sein.
An diesem Beispiel wird noch einmal sehr deutlich, wie die Entscheidung über solche Fragen von dem kulturellen Kontext abhängt.

6.4 Schlussfolgerung
Die Tatsache, dass Gott natürliche Gaben und Dienste der Leiterschaft an Frauen verleiht, bringt uns als Leiterschaft zu der Überzeugung, dass Gott Männer und Frauen gleichermaßen in das Ältestenteam berufen kann. Daher gelten für beide auch die gleichen Kriterien.
1. Charakterprofil nach 1. Timotheus 3:1-7 

2. Leitungsfähigkeiten in Einordnung in die Ältestenschaft 

3. Fähigkeiten, schwere Problematiken sachlich und geistlich gut 
zu verarbeiten 

Es ist Gottes Wille, dass Frauen und Männer gemeinsam Seite an Seite im Reich Gottes stehen und dienen, denn beide Geschlech- ter waren vom Anbeginn der Schöpfung gemeinsam beauftragt, über die Schöpfung zu herrschen.
„Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie [euch] untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!“
1. Mose 1:28



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